von Christian Hader, Andreas Irmisch
Die meisten Menschen in Bamberg finden Radwege zu Recht gut. Man ist abseits vom motorisierten Verkehr und somit auch von gesundheitsschädlichen Abgasen und Konfliktsituationen mit anderen Verkehrsteilnehmern unterwegs.
Allerdings genügt so gut wie kein baulich von der Fahrbahn getrennter Radweg in Bamberg den gesetzlichen Mindestvorgaben: ungenügende Breite, gefährliche Routenführung, ein schlechter baulicher Zustand und regelmäßig darauf parkende Autos führen immer wieder zu Unbenutzbarkeit. Bei Radfahrunfällen ohne Fremdbeteiligung ist in Deutschland der Zustand des benutzten Radweges Unfallursache Nummer eins. Aus obigen Gründen ist in den letzten Jahren an immer mehr Stellen die Benutzungspflicht für baulich getrennte Radwege entfallen und Radfahrer werden vermehrt auf der Fahrbahn geführt oder dürfen jene zumindest als gleichwertiger Verkehrsteilnehmer benutzen. Dies löst zwar in Teilen das Problem schlechter Radwege, führt aber immer häufiger zu Konfliktsituationen zwischen den verschiedenen Verkehrsteilnehmern auf der Straße.
Würde ich hier mein 10-jähriges Kind, Patenkind oder Nachbarskind Rad fahren lassen? Und: Kann meine 80-jährige Großmutter, Bekannte oder Nachbarin hier angstfrei radeln? Nur wenn beide Fragen mit einem klaren Ja beantwortet werden können, ist die Radverkehrsanlage tauglich für die Zukunft in einer lebenswerten Stadt.
An Hauptstraßen liegen zahlreiche wichtige Ziele wie Behörden, Geschäfte, der Arbeitsplatz oder Freunde und Verwandte, teilweise führen sie auch Universitäts- oder Schulrouten. Außerdem stellen jene Straßen häufig die direkteste Verbindung dar. Deshalb ist auch hier eine attraktive, leistungsfähige und vor allem sichere Radinfrastruktur von Nöten. Der Radentscheid Bamberg fordert daher an allen Hauptverkehrsstraßen Typ 1 und 2 und auch Hauptsammelstraßen Typ 1 und 2 - sofern an vielbefahrenen Radrouten liegend - beidseits zwei Meter breite Radanlagen. Der Puffer zu parkenden Kraftfahrzeugen beträgt dabei einen Meter, damit keine Gefahr durch unachtsam geöffnete Autotüren entsteht. Von jeweils einschließlich 2018 bis 2025 werden jährlich mindestens zwei Kilometer der zwei Meter breiten Radanlagen hergestellt.
Vergangenheit und Zukunft
Früher wurden Radwege in Deutschland vor allem deshalb angelegt, um die Straße von Radfahrern freizuhalten, damit Kraftfahrzeuge schneller fahren können. Gegen diese schmalen Holperpisten mit gefährlichen Kreuzungen hat sich unter anderem der ADFC erfolgreich zur Wehr gesetzt. Die Folgelösungen sind aber an vielen Stellen noch nicht optimal: Auf der Straße markierte Radfahrstreifen fühlen sich insbesondere nicht für alle Leute, die Rad fahren oder gerne Rad fahren würden, sicher an.
Für Kinder, die auch mal einen Schlenker machen, sind Radfahrstreifen oder Schutzstreifen nicht geeignet. Außerdem werden diese oft zugeparkt, so dass man sich in den schnell fahrenden Kraftverkehr einfädeln muss – was dann auch für Erwachsene gefährlich sein kann. Darüber hinaus genügen weder die aktuellen und schmalen baulich getrennten Radwege noch Radfahrstreifen mit 1,85m Minimalmaß den Ansprüchen von mehrspurigen Fahrrädern (Lastenräder, Kinderanhänger), da jene mehr Platz beanspruchen und zudem nur mit zwei Meter Abstand überholt werden dürfen.
Die Entwicklung muss also weitergehen, hin zu hochwertigen Radwegen und geschützten Radfahrstreifen, die sowohl objektiv als auch subjektiv sicher sind. Vorbilder dafür sind die Fahrradnationen Niederlande und Dänemark, die insgesamt deutlich weiter sind als Deutschland.
Selbst in den USA reagiert die Politik, so dass dort in großen wie kleinen Städten vermehrt sogenannte “protected bike lanes” zu finden sind. Bei zweispurigen Straßen wird hierfür häufig die rechte Spur den Radfahrern zur Verfügung gestellt. Dies kann schnell und kostengünstig geschehen.
Bei den gezeigten Beispielen kann jeder sicher Rad fahren, unabhängig von Alter und Geschlecht, körperlicher Verfassung und Fahrkönnen.
In ruhigen Tempo-30-Zonen oder anderen verkehrsberuhigten Bereichen wie z.B. Fahrradstraßen sind keine Radwege erforderlich. Auf verkehrsreichen Hauptachsen sind jedoch Radwege mit physischer Trennung zum Kfz-Verkehr nötig, damit sich die Mehrheit der Alltagsradler dort sicher fühlt. Wenn Radfahrerinnen und Radfahrer mit ausreichendem Abstand zu Lärm und bedrohlich wirkenden Kraftfahrzeugen unterwegs sein können, werden noch mehr Menschen auf das umweltfreundliche Verkehrsmittel Fahrrad umsteigen.
Keine Schrott-Radwege mehr!
Neue Radwege sollen asphaltiert sein und breit genug, dass ein schnellerer Radler einen langsameren problemlos und sicher überholen kann. Der Zustand des asphaltierten Radweges darf keinesfalls schlechter als der der Straße sein. Die Kreuzungen und Einmündungen müssen so gestaltet sein, dass sie für Rad-, Auto- und Lkw-Fahrer übersichtlich und sicher sind.
Ebenso muss es eine deutlich erkennbare Abgrenzung zu den Gehwegen geben. Konflikte zwischen Radfahrenden und Fußgängern gehören dann der Vergangenheit an.
Busspuren, auf denen auch Taxis und Fahrräder fahren, sind nur eine temporäre Notlösung. Radler möchten keine schweren Busse im Nacken haben, und Busfahrer müssen ihre Fahrpläne einhalten. Deshalb fordern wir, wie es auch die Stadtwerke Bamberg in der Vergangenheit bereits an verschiedenen Stellen begrüßt haben, Rad- und Busspuren zu trennen und beiden Verkehrsarten einen eigenen Bereich einzuräumen.
Manchmal müssen Flächen umverteilt werden
Die neuen Radwege sollen nicht zu Lasten der Fußgänger oder des ÖPNV gehen! Die Flächen werden dadurch verfügbar, dass mehr Wege mit dem Fahrrad anstelle mit dem Auto zurückgelegt werden und somit der Flächenverbrauch für diese Wege kleiner wird. Wenn es nicht anders geht, muss eine Fahr- oder Parkspur wegfallen. Das ist gerecht, denn der Autoverkehr beansprucht in Bamberg derzeit deutlich mehr Fläche als er eigentlich benötigt.
Die Fahrradwege, die sich der Radentscheid an vielbefahrenen Hauptstraßen wünscht, sind also weder auf die Fahrbahn gemalt noch auf den Bürgersteig gequetscht. Radfahrerinnen und Radfahrer sollen einen eigenen Bereich entlang der Hauptstraßen erhalten, wo sie sicher, angenehm und zügig vorankommen und sich bei unterschiedlichen Geschwindigkeiten überholen können.
Angebotsstreifen und Radfahrstreifen sind günstig - und häufig hinausgeworfenes Geld.
Fahrrad-Infrastruktur, die wir jetzt anlegen, bleibt wahrscheinlich für Jahre bestehen – vielleicht für Jahrzehnte –, auch Minimallösungen wie Radspuren. Bevor Planerinnen und Planer ans Werk gehen und Politikerinnen und Politiker darüber entscheiden, sollten sie dies - alleine schon aus wirtschaftlichen Gründen - berücksichtigen.
Weiterführende Links:
http://cyclingfallacies.com/de/26/wir-sind-weder-hollaender-noch-daenen
http://cyclingfallacies.com/de/1/unsere-strassen-sind-zu-schmal
http://www1.wdr.de/nachrichten/geschuetzte-fahrradwege-100.html
http://www.peopleforbikes.org/green-lane-project/pages/protected-bike-lanes-101
http://cyclingfallacies.com/de/13/radwege-sind-gefaehrlich
http://cyclingfallacies.com/de/31/busspuren-sind-gut-zum-radfahren-geeignet